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Умерла известная журналистка Ориана Фаллачи

17.09.06 18:40
Re: Умерла известная журналистка Ориана Фаллачи
 
Babekov знакомое лицо
in Antwort Phoenix 17.09.06 14:58

Fallaci hat das Buch unmittelbar nach dem 11. September 2001 geschrieben, nachdem ein längerer Artikel von ihr mit dem gleichen Tenor erschienen war. In beiden Veröffentlichungen geht es um das Verhältnis des Westens zur islamischen Welt. Die Anschläge von New York und Washington haben die Vorstellung vom >>Kampf der Kulturen<< belebt. Die USA und die ihr in uneingeschränkter Solidarität verbundenen Staaten führen Krieg in Afghanistan und demnächst womöglich im Irak.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Fallaci befürwortet diesen Krieg aus ganzem Herzen. Ihre Wut richtet sich nicht gegen die Politik von George Dabbeljuh. Die Anschläge vom 11. September haben sie davon überzeugt, dass die islamische Welt mit Neid und Hass auf den überlegenen Westen blickt, den sie in die Knie zwingen will, und dass es auf die Feindseligkeit nur eine deutliche Antwort geben kann:
>>Hört mir gut zu, trotz all dem, was ich über die kulturelle religiöse moralische politische, kurz, nichtmilitärische Kollision schrieb, sage ich jetzt Folgendes: >Krieg habt ihr gewollt, Krieg wollt ihr? Einverstanden. Was mich betrifft, sollt ihr ihn haben.< Bis zum letzten Atemzug.<< (S. 35)
So weit Fallaci in ihrem reichlich lang geratenen >>An den Leser<<. Es ist einer der rhetorischen Höhepunkte der Kampfschrift. Zum Glück schreibt das eine ältere Dame, deren letzter Atemzug nicht mehr gar so fern ist. Denn mit >>ihr<< meint Fallaci nicht allein die islamistischen Terroristen, die man in der Tat kaum anders als mit Militäraktionen bekämpfen kann, sondern es geht ihr um den Islam als solchen, den sie insgesamt und ohne nennenswerte Ausnahmen für feindselig, intolerant und barbarisch hält.
Barbarisch ist Arafat. Barbarisch war Khomeni. Barbarisch ist Osama bin Laden. Barbarisch sind die Taliban. Barbarisch war die Sprengung der Buddhastatuen von Bamiyan. Die Barbaren zwingen die Frauen, Tschador und Burkha zu tragen. Die Barbaren steinigen oder erschiessen Ehebrecherinnen und hacken Dieben Hände und Füsse ab. Den Barbaren kann man nicht trauen.
Wer den Barbaren entgegenkommt - wie Johannes Paul II., der sich für die Beteiligung der Kirche an den Kreuzzügen entschuldigt hat - hat von Fallaci keine Nachsicht zu erwarten. Wer, wie Berlusconi, erst von der Überlegenheit der westlichen Zivilisation über den Islam spricht und anschliessend angesichts öffentlicher Kritik und feiger europäischer >>Appeasement<<-Haltung gegenüber den Barbaren einen Rückzieher macht, muss sich von Fallaci Vorwürfe gefallen lassen. Überhaupt lässt die Autorin kein gutes Haar an den politischen und den kulturellen Eliten, die >>unsere<< Kultur mit der des Islam auf eine Stufe zu stellen wagen. Denn von der Überlegenheit des Westens, seiner Demokratie und seiner Grundrechte, seiner Freiheit und seiner Kultur ist Fallaci so felsenfest überzeugt wie der glühendste islamistische Fundamentalist von der Überlegenheit seiner Religion über die Dekadenz der Ungläubigen. Hier berühren sich die Extreme...
Das war zunächst Fallacis Blick nach >>draussen<<. Aber die Barbaren bleiben j a nicht in ihren Ländern, und sie stehen auch längst nicht mehr vor den Toren. Sie sind bereits in der Stadt. Der Feind hat es sich in den Mauern der westlichen Metropolen wohnlich eingerichtet. Da verschandelt er die Innenstädte.
Der Feind macht sich die Demokratie zunutze. Er >>kennt seine Rechte<<, die ihm unsere Gesellschaften mit ihrem Hang zum Opportunismus gewähren. Denn der Feind ist heimtückisch. Und er breitet sich mit einer geradezu beängstigenden Fruchtbarkeitsrate aus. Wir lesen:
Die Italiener bekommen keine Kinder mehr, diese Dummköpfe. Die übrigen Europäer auch nicht. Unsere >ausländischen Arbeiter< dagegen vermehren sich wie die Ratten. Mindestens die Hälfte aller moslemischen Frauen, die man auf der Strasse sieht, sind von Kinderhorden umgeben und schwanger.<< (S. 139)
Der Vergleich von Menschen mit Ratten wiederrum veranlasst mich, nach der Pointe zu fragen. Kommen die Ratten nicht von vornherein schlechter weg? Andererseits: ich kenne Frau Fallaci nicht persönlich...
Doch genug des Unernstes. Ich versuche so etwas wie ein Fazit.
Fallacis Buch ist - dem Himmel sei Dank! - eine einzige Stimme im Chor der interkulturellen Debatten und wird sie hoffentlich nicht dominieren. Dass es ausserdem bereits im Titel mitteilt, quasi >>aus dem Bauch heraus<< geschrieben worden zu sein und also, wenn die Wut beim A nblick von Ground Zero und beim Gedanken an über 3000 Tote erst einmal verraucht ist, nicht mehr in jeder Formulierung für bare Münze genommen werden muss, erlaubt eine gelassenere und distanziertere Lektüre. Sonst könnte man sich auf jeder dritten Seite an den Kopf fassen und am Verstand der Autorin zweifeln.
Ich halte es für ganz unzulässig, gewissermassen die islamische Welt in toto zum Feind des Westens zu erklären. Ich halte es ebenfalls für unzulässig, den Eindruck zu erwecken, dass die europäischen Muslime eine Art fünfte Kolonne des islamistischen Terrorismus darstellen. Ich halte es schliesslich für reichlich witzlos, mit der angeblichen Überlegenheit der westlichen Kultur hausieren zu gehen, auch wenn mir Shakespeare und Mozart lieber sind als Rumi und die islamische Dudelmusik. Keine Frage. Dass bei Wissenschaft & Technologie Europa und die USA den Ton angeben, weiss nicht allein die islamische Welt. Es bringt so ziemlich Null, diese offensichtliche Kluft den anderen auch noch unter die Nase zu reiben.
Einige Thesen Fallacis halte ich aber dennoch für zustimmungsfähig. Dass wir allen Grund haben, die westliche Kultur zu verteidigen, wenn sie von Gewalttätern bedroht wird. Dass wir angesichts der jahrhundertelangen imperialen Geschichte des Islam ü-ber-haupt keinen Grund haben, uns ca. 200 Jahre Kreuzzüge bis auf den heutigen Tag vorhalten und uns auf die Anklagebank setzen zu lassen. Ich habe diese unschöne Angewohnheit bei Diskussionen mit Moslems mehrfach erlebt. Europa sitzt aber ganz bestimmt nicht wegen der Kreuzzüge auf der Anklagebank. Was nun auch nicht heisst, dass wir selbstgerecht und selbstmitleidig den Westen als das Opfer böswilliger und fanatischer Terroristen sehen sollten. Europa und die USA haben ihren Anteil an den Taliban, an Osama bin Laden und an Saddam Hussein. Das kommt m.E. nicht nur bei Fallaci zu kurz. Auch davon wird man ein wenig öffentlicher reden müssen, wenn die Wut sich gelegt hat.
Aber das ist eine andere Geschichte.
 

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