Новое "я" Украины
http://www.welt.de/data/2004/11/13/359419.html
В ответ на:Eingeschränkte Entscheidungsfreiheit
Beispiel Ukraine: Die Einmischung des Westens in die Wahlen anderer Staaten geht zu weit - Debatte
von John Laughland
Leser des britischen "Guardian" versuchten unlängst, den amerikanischen Wahlkampf zu beeinflussen. Sie schickten Briefe an die Bürger eines Wahlkreises in Ohio und teilten diesen ihre Meinung über die angebrachte Entscheidung mit. Die Ohioer haben auf dieses freundliche Interesse an der Innenpolitik ihres Landes gereizt reagiert - und zwar nicht nur deshalb, weil die linksliberalen Leser des "Guardian" fast durchweg Bush-Gegner waren. Der National- und Unabhängigkeitsstolz der Bürger Ohios mag verständlich sein, ist aber insofern schwer zu rechtfertigen, als es seit Jahrzehnten zu den Gewohnheiten des amerikanischen politischen Establishments gehört, sich im Namen eines nie definierten Demokratisierungsbegriffs in die Wahlen anderer Länder einzumischen.
Das gilt besonders für das postkommunistische Osteuropa, dem sich mittlerweile eine enorme Industrie des sogenannten "Übergangs zur Demokratie" widmet. Präsident Bush will diese Praxis nun auch auf den Mittleren Osten übertragen. Doch eine solche Demokratisierung der islamischen Welt kann nur dann ein erstrebenswertes Ziel sein, wenn man sich ausschließlich auf den rechtmäßigen Ablauf der Wahlprozedur und nicht auf den Sieg dieses und nicht jenes Kandidaten konzentriert. Leider ist dies derzeit fast nie der Fall. Die von der amerikanischen Regierung ernannten "Demokraten" der jeweiligen Wahlkämpfe erhalten nicht nur politische, sondern auch großzügige finanzielle Unterstützung. Die gerade abgehaltene Präsidentschaftswahl in der Ukraine, bei der in der kommenden Woche die Stichwahl stattfinden wird, ist dafür ein Beispiel.
Kurz vor dem ersten Wahlgang vor zwei Wochen verkündete der Sprecher des US-Außenministeriums die volle Unterstützung der Regierung für den Oppositionskandidaten Viktor Juschtschenko, dessen Herausforderer, der amtierende Ministerpräsident Viktor Janukowitsch, Wahlfälschungen vorbereite. Sollte Janukowitsch gewinnen, so sei dies eine Bestätigung für den Verdacht der Manipulation; harte Sanktionen wären die Folge. Mit beunruhigender Einstimmigkeit haben dann britische und amerikanische Medien dieses höchst befangene Urteil über die ukrainische Politik verbreitet.
Der auffällige Einfluß auf die Medien wie auf den politischen Prozeß läuft hauptsächlich über Nichtregierungsorganisationen, die jedoch tatsächlich von Regierungen bezahlt werden. Als offizieller Beobachter des ersten Wahlgangs in der Ukraine besuchte ich den Direktor des "Komitees der ukrainischen Wähler" in Kiew. In seinem Büro hingen Fotografien von seinem Treffen mit Madeleine Albright, der ehemaligen amerikanischen Außenministerin und jetzigen Vorsitzenden der "National Endowment for Democracy". Diese NED ist ein Organ des amerikanischen Staates, dessen Aufgabe darin besteht, proamerikanische Politiker in anderen Ländern zu unterstützen. Jenes "Komitee der ukrainischen Wähler" nun, dessen Berichte ausschließlich den Ministerpräsidenten Janukowitsch angreifen und dessen Mitarbeiter sämtlich den Herausforderer Juschtschenko unterstützen, wird zur Gänze von der NED und von ähnlichen westlichen Regierungsorganen finanziert. Von den "ukrainischen Wählern" kommt kein einziger Cent.
Diese Vertreter westlicher Interessen, die sich als Verfechter der Demokratie ausgeben, stellen den ausländischen Journalisten angeblich neutrale Information zur Verfügung, die eigentlich nur Wahlpropaganda ist. Dadurch entsteht in den westlichen Medien das Bild eines Kampfes zwischen den Kräften der aufgeklärten Demokratie und denen des finsteren Autoritarismus. Was nicht in dieses Bild paßt, wird einfach übersehen. So wurden die ausführlichen Berichte russischer Wahlbeobachter über erheblichen Wahlbetrug in der westlichen Ukraine - wo Juschtschenko fast 90 Prozent der Stimmen errang - von den westlichen Medien verschwiegen, weil sie nur auf russisch vorliegen. Kaum zu verstehen ist, warum die Rolle von Neonazis in den Reihen Juschtschenkos nicht publik wurde. Ich habe in Kiew am Montag morgen nach dem ersten Wahlgang persönlich zwei aus dem westukrainischen Lviv (Lemberg) stammende Mitglieder der Gruppe Pora kennengelernt, die in westlichen Medien stets als nette Studentenbewegung dargestellt wurde - doch die stellten sich mir lächelnd und stolz auch als Vertreter der Ukrainischen Nationalen Selbstverteidigung (UNSO) vor, einer fast schon paramilitärischen Organisation, die von der Universität Tel Aviv als unverbesserlich antisemitisch bezeichnet wird.