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Гражданство.
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in Antwort lenchen_ka 02.09.06 07:03
Воспоминания очевидца :
" Flucht aus Landau
16. März 1944. Über den Aufbruch der Gemeinde Landau schreibt die spätere Präsidentin der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Gertrud Braun (1906-1984):
Seit Weihnachten lebten wir unter ständigem Druck: Müssen wir fort oder dürfen wir bleiben? Man schwankte zwischen Hoffen und Bangen.
Anfang März machte ich mich auf die Fahrt nach Hoffnungstal, wo eine meiner Mitarbeiterinnen mit ihren Mütterberatungsstunden, Kindernachmittagen, Stick- und Nähabenden eine gute Frauenarbeit aufgezogen hatte. Alles sah so freudig und zukunftssicher aus. Nur der ?Kommandant╕machte ein ernstes Gesicht und meinte, dass er in Kürze eineschwerwiegende Entscheidung erwarte.
Da war sie schon wieder, diese dunkle Wolke, die wir immernicht sehen wollten!
Es war Sonntag, der 12. März 1944. Um 11 Uhr, als ich noch einmal - getrieben von innerer Unruhe - zur Kommandantur ging, fand ich dort einen Kreis von Männern versammelt, die sehr ernst dreinschauten. Soeben wurde eine telefonische Meldung aus Odessa durchgegeben. Alarmstufe 4! Da wurde es ganz still im Raum. Zwar war der Anruf nur die Vorstufe zum Alarm, aber bei einer endgültigen Bestätigungdieser Alarmstufe bedeutete es, dass sich die Trecks innerhalb weniger Stunden abmarschbereit zu halten hätten. Die Russen hatten den Oberlauf des Bug überschritten!
Wir wussten, was das hieß! - Minutenlang sagte niemand ein Wort. Dann kamen mit möglichst ruhiger Stimme Vorschläge und Gegenvorschläge, was nun zu tun sei. Die gemeister-te Erregung sah man jedem der Männer an. Noch dürfenichts nach draußen dringen. Noch war der endgültige Befehl nicht da.
Ich wollte versuchen, am nächsten Morgen um 6 Uhr - sofern dazu noch Zeit war - die nächste Bahnstation zu erreichen, um nach Landau zu fahren. Da, um 3 Uhr morgens stand zitternd eine unserer bekannten Bäuerinnen im Zimmer. Eben war die Nachricht aus Odessa durchgekommen, die Alarmstufe gelte für den ganzen Bezirk.
Da ging nun die Schreckensstunde durch den Draht hinausin die Dörfer, jagte die verschlafenen Bürgermeister aus ihren Betten. Diese begriffen kaum, dann rannten sie hinausauf die Straßen, riefen Boten zusammen, und diese klopften an Tore und Türen. Heraus! Heraus! Der Russe kommt.
Es war eine furchtbare Nacht.
In höchster Aufregung liefen die Menschen zusammen. Die Dunkelheit, der Schlamm - es hatte seit Wochen geregnet -und dann die Herzensangst vergrößerten in der Phantasie der Menschen die Gefahr ins Ungeheure.
Was sollte man als Erstes tun? Was packen, was backen? Konnte man noch schlachten?
Es gab einen kurzen, harten Abschied für mich. Keiner hatte Zeit für den anderen.
Nach erlebnisreicher Fahrt erreichte ich noch am gleichenTag Landau, das Dorf, zu dem ich gehörte. Ernste Gesichter auch hier.
Ich erfuhr, dass in den letzten Tagen einige hundert Gespanne zum Transportdienst an die Front beordert worden waren. Nun saßen die Familien da ohne Familienoberhaupt und ohne die Möglichkeit, mit eigener Kraft fortzukommen. Woher für sie alle den Laderaum nehmen?
Wohl war es gelungen, drei Züge von der benachbarten Station auf den Weg zu bringen. Aber dieser Transportraum reichte bei weitem nicht aus.
Die Alten, Kranken und Mütter mit Kleinkindern wurden zuerst fortgebracht. Da gab es die ersten herzzerreißenden Abschiedsszenen, denn notgedrungen mussten die Familien auseinander gerissen werden, um die Bahn nur mit dem Bedürftigsten zu füllen. Einige Kleinkinder starben bereits in der ersten Nacht beim Warten auf die Verladung unter freiem Himmel.
Am Donnerstag früh sollte sich der Treck in Marsch setzen. Aber was würde aus den anderen werden, die keine Fuhren hatten? Die Nerven waren angespannt bis zum Äußersten.
Endlich war es soweit. In den frühen Morgenstunden des 16. März 1944 sammelten sich die Treckwagen auf der Anhöhe in Richtung Rohrbach vor dem Dorf, die Fuhren bedeckt mit Brettern, Blech oder Tüchern oder was man sonst auf dem Hof gefunden hatte, um ein Dach über den Wagenzu spannen. Außen baumelte der notwendigste Hausrat: Eimer, Milchkannen, Futtertröge. Hoch aufgeladen waren Kisten und Säcke. Dazwischen lugten die Gesichter der Kinder. Die Erwachsenen mussten zu Fuß nebenher gehen. Fast konnten die Pferde die Last nicht ziehen. Dazu der klebende Dreck.
Alle Wagen wurden einer genauen Prüfung unterzogen, ob nicht eine Fuhre zu wenig beladen sei, um Ausgleich für andere, überlastete Wagen zu schaffen.
Ich ging die Fuhren entlang. Dann musste ich zum Dorf zurück. Erst nach Stunden setzte sich der Treck endgültig in Bewegung. Er ist am ersten Tag wohl nicht weit gekommen. Vielleicht schaffte er es bis zum nächsten Bahnhof Rohrbach.
Ich konnte noch nicht fort, denn das Schicksal der Leute ohne Fuhren war noch nicht entschieden. Endlich kam die Nachricht: Unsere Leute würden alle herauskommen, wenn auch nicht mit Pferd und Wagen, wenn auch keine Lastwagen mehr zur Verfügung stünden und keine Bahn mehr ging. Sie sollten nach Odessa herausgeflogen werden. Wir atmeten auf.
Es war dunkel, als sich unsere Kolonne in Bewegung setzte. Unsere Wagen waren aneinander geseilt wie zu einer Bergtour. Ganz vorne zog uns ein Traktor. Meter um Meter kämpften wir uns durch den Schlamm. Für 25 Kilometer bis zur festen Straße brauchten wir fast zehn Stunden...."
(c) 200 Jahre Ansiedlung der Deutschen im Schwarzmeergebiet
Broschüre herausgegeben von der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. mit Unterstützung der baden-württembergischen Landesregierung
Autor: Dr. Alfred Eisfeld
" Flucht aus Landau
16. März 1944. Über den Aufbruch der Gemeinde Landau schreibt die spätere Präsidentin der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Gertrud Braun (1906-1984):
Seit Weihnachten lebten wir unter ständigem Druck: Müssen wir fort oder dürfen wir bleiben? Man schwankte zwischen Hoffen und Bangen.
Anfang März machte ich mich auf die Fahrt nach Hoffnungstal, wo eine meiner Mitarbeiterinnen mit ihren Mütterberatungsstunden, Kindernachmittagen, Stick- und Nähabenden eine gute Frauenarbeit aufgezogen hatte. Alles sah so freudig und zukunftssicher aus. Nur der ?Kommandant╕machte ein ernstes Gesicht und meinte, dass er in Kürze eineschwerwiegende Entscheidung erwarte.
Da war sie schon wieder, diese dunkle Wolke, die wir immernicht sehen wollten!
Es war Sonntag, der 12. März 1944. Um 11 Uhr, als ich noch einmal - getrieben von innerer Unruhe - zur Kommandantur ging, fand ich dort einen Kreis von Männern versammelt, die sehr ernst dreinschauten. Soeben wurde eine telefonische Meldung aus Odessa durchgegeben. Alarmstufe 4! Da wurde es ganz still im Raum. Zwar war der Anruf nur die Vorstufe zum Alarm, aber bei einer endgültigen Bestätigungdieser Alarmstufe bedeutete es, dass sich die Trecks innerhalb weniger Stunden abmarschbereit zu halten hätten. Die Russen hatten den Oberlauf des Bug überschritten!
Wir wussten, was das hieß! - Minutenlang sagte niemand ein Wort. Dann kamen mit möglichst ruhiger Stimme Vorschläge und Gegenvorschläge, was nun zu tun sei. Die gemeister-te Erregung sah man jedem der Männer an. Noch dürfenichts nach draußen dringen. Noch war der endgültige Befehl nicht da.
Ich wollte versuchen, am nächsten Morgen um 6 Uhr - sofern dazu noch Zeit war - die nächste Bahnstation zu erreichen, um nach Landau zu fahren. Da, um 3 Uhr morgens stand zitternd eine unserer bekannten Bäuerinnen im Zimmer. Eben war die Nachricht aus Odessa durchgekommen, die Alarmstufe gelte für den ganzen Bezirk.
Da ging nun die Schreckensstunde durch den Draht hinausin die Dörfer, jagte die verschlafenen Bürgermeister aus ihren Betten. Diese begriffen kaum, dann rannten sie hinausauf die Straßen, riefen Boten zusammen, und diese klopften an Tore und Türen. Heraus! Heraus! Der Russe kommt.
Es war eine furchtbare Nacht.
In höchster Aufregung liefen die Menschen zusammen. Die Dunkelheit, der Schlamm - es hatte seit Wochen geregnet -und dann die Herzensangst vergrößerten in der Phantasie der Menschen die Gefahr ins Ungeheure.
Was sollte man als Erstes tun? Was packen, was backen? Konnte man noch schlachten?
Es gab einen kurzen, harten Abschied für mich. Keiner hatte Zeit für den anderen.
Nach erlebnisreicher Fahrt erreichte ich noch am gleichenTag Landau, das Dorf, zu dem ich gehörte. Ernste Gesichter auch hier.
Ich erfuhr, dass in den letzten Tagen einige hundert Gespanne zum Transportdienst an die Front beordert worden waren. Nun saßen die Familien da ohne Familienoberhaupt und ohne die Möglichkeit, mit eigener Kraft fortzukommen. Woher für sie alle den Laderaum nehmen?
Wohl war es gelungen, drei Züge von der benachbarten Station auf den Weg zu bringen. Aber dieser Transportraum reichte bei weitem nicht aus.
Die Alten, Kranken und Mütter mit Kleinkindern wurden zuerst fortgebracht. Da gab es die ersten herzzerreißenden Abschiedsszenen, denn notgedrungen mussten die Familien auseinander gerissen werden, um die Bahn nur mit dem Bedürftigsten zu füllen. Einige Kleinkinder starben bereits in der ersten Nacht beim Warten auf die Verladung unter freiem Himmel.
Am Donnerstag früh sollte sich der Treck in Marsch setzen. Aber was würde aus den anderen werden, die keine Fuhren hatten? Die Nerven waren angespannt bis zum Äußersten.
Endlich war es soweit. In den frühen Morgenstunden des 16. März 1944 sammelten sich die Treckwagen auf der Anhöhe in Richtung Rohrbach vor dem Dorf, die Fuhren bedeckt mit Brettern, Blech oder Tüchern oder was man sonst auf dem Hof gefunden hatte, um ein Dach über den Wagenzu spannen. Außen baumelte der notwendigste Hausrat: Eimer, Milchkannen, Futtertröge. Hoch aufgeladen waren Kisten und Säcke. Dazwischen lugten die Gesichter der Kinder. Die Erwachsenen mussten zu Fuß nebenher gehen. Fast konnten die Pferde die Last nicht ziehen. Dazu der klebende Dreck.
Alle Wagen wurden einer genauen Prüfung unterzogen, ob nicht eine Fuhre zu wenig beladen sei, um Ausgleich für andere, überlastete Wagen zu schaffen.
Ich ging die Fuhren entlang. Dann musste ich zum Dorf zurück. Erst nach Stunden setzte sich der Treck endgültig in Bewegung. Er ist am ersten Tag wohl nicht weit gekommen. Vielleicht schaffte er es bis zum nächsten Bahnhof Rohrbach.
Ich konnte noch nicht fort, denn das Schicksal der Leute ohne Fuhren war noch nicht entschieden. Endlich kam die Nachricht: Unsere Leute würden alle herauskommen, wenn auch nicht mit Pferd und Wagen, wenn auch keine Lastwagen mehr zur Verfügung stünden und keine Bahn mehr ging. Sie sollten nach Odessa herausgeflogen werden. Wir atmeten auf.
Es war dunkel, als sich unsere Kolonne in Bewegung setzte. Unsere Wagen waren aneinander geseilt wie zu einer Bergtour. Ganz vorne zog uns ein Traktor. Meter um Meter kämpften wir uns durch den Schlamm. Für 25 Kilometer bis zur festen Straße brauchten wir fast zehn Stunden...."
(c) 200 Jahre Ansiedlung der Deutschen im Schwarzmeergebiet
Broschüre herausgegeben von der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. mit Unterstützung der baden-württembergischen Landesregierung
Autor: Dr. Alfred Eisfeld