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Thilo Sarrazin polarisiert ... auch uns?

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WebStorie постоялец02.09.10 19:39
WebStorie
02.09.10 19:39 
Der Name ist aktuell in aller Munde. Fast in allen Community´s sind heiße Debatten am Laufen.
2 Fragen kann ich mir trotz intensiver Forenstudien noch immer nicht beantworten:
- wo kommt er auf einmal her? warum ausgerechnet jetzt?
- was will er erreichen?
Was meint Ihr?
#1 
gadacz патриот02.09.10 21:03
gadacz
NEW 02.09.10 21:03 
в ответ WebStorie 02.09.10 19:39
So ein unbeschriebenes Blatt ist er nicht. Er war mal erfolgreicher Finanzsenator in Berlin, fiel aber immer wieder durch eigenartige Geschäfte und Aktionen auf.
Im Ton hat er sich schon öfter vergriffen. Er liebt einfach die provokativen Äußerungen.
So hatte er schon Hartz-IV-Empfänger und Rentner im Visier und löste damit heftige Diskussionen aus.
Seine These „Integration ist eine Leistung dessen, der sich integriert. Jemanden, der nichts tut, muss ich auch nicht anerkennen. Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert.“ löst nun wieder massiven Streit aus.
Der Mann ist aber schlau und raffiniert genug, um daraus auch Kapital zu schlagen. Bisher hat er es immer geschafft.
Pardon, ich bin NUR ein Europäer mit germanischem Migrationshintergrund
Химмихеррготтзагграментзиффиххаллелуямилецкстамарсчгелумпверецктс
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#2 
Alexa- постоялец02.09.10 23:49
Alexa-
NEW 02.09.10 23:49 
в ответ WebStorie 02.09.10 19:39
Na ja,er fäng doch mit Türken an.Man sehen,wie es sich weiter entwickelt...
#3 
gadacz патриот03.09.10 00:06
gadacz
NEW 03.09.10 00:06 
в ответ Alexa- 02.09.10 23:49
Die Anderen tragen ja auch kein Kopftuch
In Antwort auf:
polarisiert ... auch uns?
das ist unwahrscheinlich, denn die finaziellen Verknüpfungen erlauben es einem Vorstandsmitglied der Bundesbank nicht, sich mit dem russischen Großkapital anzulegen.
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#4 
Яковлев знакомое лицо03.09.10 12:24
NEW 03.09.10 12:24 
в ответ WebStorie 02.09.10 19:39
Der Mann spricht dem deutschen Volk aud der Seele!
#5 
gadacz патриот03.09.10 13:34
gadacz
NEW 03.09.10 13:34 
в ответ Яковлев 03.09.10 12:24
Sie scheinen das deutsche Volk und seine Seele sehr genau zu kennen!
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#6 
  Timurlenk1977 прохожий04.09.10 10:16
NEW 04.09.10 10:16 
в ответ WebStorie 02.09.10 19:39

Ich als Türke muss leider sagen, dass Sarrazin mit vielem was er sagt, Recht hat.
Moslems sind in Deutschland leider zum Problem geworden, und es wird größere Ausmaße annehmen. Das war jedoch bis Ende der 80iger Jahre nicht der Fall. Moslems ist eigentlich nicht das richtige Wort, es geht um Islamisten, hier muss man sehr genau unterscheiden.
Das beste Beispiel ist momentan die politische Lage in der Türkei. Das Land ist gespalten in 2 Lager, Islamisten (die Anhänger der regierenden Partei, dieser verdammten akp) auf der einen Seite, und Laizisten auf der anderen Seite, die energisch die Trennung von Staat und Religion fordern.
Islamisten sind sogar in der Türkei, einem islamischen Land, zu einem sehr großen Problem geworden, also wundert es mich nicht, dass dieses Thema in der Deutschland immer häufiger zum aktuellen Thema wird. Während in der Türkei 50% Islamisten und 50% Laizisten sind, beträgt die Zahl der Islamistisch geprägten Türken in Deutschland mindestens 70-75%, und diese werden immer radikaler.
Auch wenn Sarrazin teilweise Demagogie betreibt so kann ich mich doch nicht wirklich über ihn aufregen. Bezogen auf seine Thesen bezüglich der Islamisten bzw. Türken finde ich es gut, dass jemand endlich das ausspricht, was sehr viele Menschen in Deutschland. Diese Thema muss viel öfter angesprochen und diskutiert werden, und ich finde, dass der Islamismus nicht toleriert auf das heftigste bekämpft werden sollte.
Menschen, die ihr Leben und ihre Werte nach dem Koran richten und so leben möchten und diese Werte gesellschaftlichen Bräuchen und hiesigen Gesetzen überordnen sollten sofort aus Deutschland ausgewiesen werden. Sollen sie doch in den Iran oder nach Afghanistan gehen. Ich möchte noch einmal betonen, dass man zwischen Islamisten und Moslems unterscheiden muss.
Ich möchte noch erwähnen, dass ich kein Moslem bin, und auch keiner anderen ibrahimitischen Religion angehöre. Ich finde Gott immer wieder in der Philosophie, in Wissenschaften und in der Natur...
Viele Grüße und ein schönes Wochenende an alle,
-Timur-
#7 
gadacz патриот04.09.10 11:06
gadacz
NEW 04.09.10 11:06 
в ответ Timurlenk1977 04.09.10 10:16
Da teile ich nur teilweise deine Meinung.
Natürlich gibt es mit einigen Volksgruppen Probleme. Je nach Herkunft, Mentalität, Ausbildungsstand und Erziehung stellen die sich unterschiedlich dar.
Dazu kommt vielleicht, dass insbesondere Türken als 'Gastarbeiter' angelockt wurden, um hier die Arbeit zu machen. Nun ist die Arbeit getan und nur die besten finden bei der hohen Arbeitslosigkeit ihren Platz. Die wurden auch nicht als Ingenieure und Wissenschaftler geholt, sondern für die Arbeit, die den Deutschen zu unbequem war oder weil ein Anatolier einfach billiger ist. Das Problem entstand, als viele von Ihnen sich hier so etabliert haben, dass sie in der Heimat inzwischen zu Fremden geworden sind.
Nun sind davon sehr viele zu 'guten Deutschen' geworden, haben sich optimal integriert und gehören absolut in unsere Gesellschaft. Selbst Parteivorsitzende und Minister kommen aus den Reihen, sind angesehen und ein echter Teil des gesellschaftlichen Lebens. Gut, Cem Özdemir wurde nicht mit Kopftuch verkleidet, aber auch er ist so ein Nachkomme, wie ihn Sarrazin als 'Unheil' kritisiert.
Ja, im Prinzip stimmt schon etwas an der Aussage Sarrazins, aber leider ist es zu wenig differenziert. Mit pauschalen Thesen fällt man sehr schnell auf die Nase. Alles in einen Topf zu werfen, das muss einen schlechten Brei geben!
Aber man zitiert einen kleinen Absatz. Wer hat das ganze Buch gelesen, wer die gesamte Rede gehört? Vielleicht ergibt sich ein ganz andere Sinn, wenn man es im Zusammenhang liest oder hört? Die Medien sind schnell dabei, etwas herauszupicken und dann zu zerreißen.
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#8 
WebStorie постоялец04.09.10 17:27
WebStorie
NEW 04.09.10 17:27 
в ответ Timurlenk1977 04.09.10 10:16
Dr. Sarrazin wird inzwischen als "Racheengel der frustrierten Mittelschicht" bezeichnet.
In sehr vielen Foren und Massenmedien sind weiterhin heiße Debatten am Laufen, die wesentlich interessanter sind, als die ursprünglichen Thesen.
Hier ein Ausschnitt aus Welt.Online:
Deutschland fehlt es an Selbstachtung. Warum sollten kleine Machos Respekt vor einem Land haben, in dem die Menschen fürchten, als ausländerfeindlich und rassistisch zu gelten, wenn sie primär an die eigenen Wertvorstellungen denken - und erst danach an den Ramadan? Wozu Respekt vor einem Land haben, in dem niemand Grenzen zieht? In dem „Leistungsträger“ verachtet und „Leistungsempfänger“ heilig gesprochen werden? Und in dem man glaubt, Bildung sei durch mehr Geld zu bekommen, und nicht vielmehr durch eine Umgebung, in der Produktivität, Leistung und Herausforderung den Alltag bestimmen - kurz: in der gearbeitet wird? Doch man beugt sich nun mal hierzulande lieber über Opfer als sich um die Ehrgeizigen zu bemühen, die „Leistungsträger“.
Und wenn ich mir diese Zeilen lese, kann ich beim besten Willen nichts finden, was ich anders sehe.
Aber Dr. Merkel hat ja darauf bestanden, dass Dr. Sarrazin zu gehen hat. Jetzt werden auch noch Stimmen laut, dass es in Deutschland nun auch mit der Meinungsfreiheit vorbei sei ...
#9 
IMES старожил06.09.10 10:10
IMES
NEW 06.09.10 10:10 
в ответ WebStorie 04.09.10 17:27
war von uns hat schon das Buch gekauft und gelesen?
#10 
gadacz патриот06.09.10 10:58
gadacz
NEW 06.09.10 10:58 
в ответ IMES 06.09.10 10:10
Da warte ich erst einmal ab. Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.
Aber tatsächlich kann man sich darüber natürlich erst dann auslassen, wenn man es selbst gelesen hat.
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#11 
cool.v коренной житель06.09.10 14:06
cool.v
NEW 06.09.10 14:06 
в ответ gadacz 04.09.10 11:06
В ответ на:
Das Problem entstand, als viele von Ihnen sich hier so etabliert haben, dass sie in der Heimat inzwischen zu Fremden geworden sind.
Nun sind davon sehr viele zu 'guten Deutschen' geworden, haben sich optimal integriert und gehören absolut in unsere Gesellschaft.

Wenn die sie sich sooo gut integriert hätten, dann gebe es diese Probleme nicht. Die paar von Dir aufgezählten, gehören eher zur Ausnahme und nicht zur Regel. Die Realität siehst Du z.B. bei Dir in Neukölln. Hier im Ruhrpott gibt es noch mehr von solchen integrationswilligen Beispielen.
Wann wurden den unsere anatolischen "Freunde" als Gastarbeiter geholt? Und wie kommt es, dass ein sehr großer Teil von den mit den Kopftüchern gar kein oder nur ein wenig deutsch sprechen? Du selber regst dich über "Russen"auf, die hier nur paar Jahre wohnen und der deutschen Sprache nicht so mächtig sind. Und hier bist Du so ein "verständnisvoller Europäer"?
Идеальные женщины — это шахматистки: они могут часами молчать, хорошо следят за фигурами и знают много интересных позиций.
#12 
WebStorie постоялец08.09.10 15:50
WebStorie
NEW 08.09.10 15:50 
в ответ gadacz 06.09.10 10:58
Ich bin nicht wirklich scharf drauf, sein Buch zu lesen. Das Geld gebe ich lieber für andere Dinge aus.
Das Reden über sein Buch ist auch nicht wirklich das, was wirkliche Veränderungen mit sich bringt. Man sollte über Mißstände reden, die er beschreibt und wir diese täglich draußen beobachten. Er hat uns nicht die Augen geöffnet.
Bemerkenswert finde ich, dass eine längst fällige Diskussion angeregt wurde. Ich glaube nicht, dass sie so schnell verebbt. Die "Normalos" sind nicht mehr vordergründig um die politische Korrektheit bemüht, sondern bekamen die Legitimation, endlich offen über tabuisierte Mißstände zu reden und auf Veränderungen zu bestehen. Die "Multi-Kulti-Lüge" gehört endlich der Vergangenheit an.
#13 
gadacz патриот08.09.10 18:40
gadacz
NEW 08.09.10 18:40 
в ответ WebStorie 08.09.10 15:50
Nun meint auch schon der Bundesinnenminister de Maizière von fälligen Veränderungen reden zu müssen, obwohl das angeschnittene Thema deutlich in die Hoheit der Bundesländer fällt.
Einen direkten Bezug auf die Äußerungen von Sarrazin nimmt er zwar nicht, aber welcher Zufall, es passt so wunderbar in die angefachte Diskussion
In Antwort auf:
"Multi-Kulti-Lüge"
Tatsächlich sehe ich, dass die multikulturelle Gesellschaft in weiten Teilen funktioniert. Natürlich gibt Extremfälle mit Auseinandersetzungen und Problemen. Doch ist es der Maßstab?
In meiner Gegend gibt es erstaunlich viele, die irgendwann aus dem Ausland zugewandert sind. Erstaunlich deshalb, weil sie kaum auffallen. Sie haben sich integriert und etabliert, zeigen aber dennoch manchmal ihre nationalen Eigenheiten, die Kultur ihrer Herkunft. Allerdings ist es nun auch kein sozialer Brennpunkt mit massiertem Auftreten bestimmter Ethnien.
Da es auch nur verschwindend wenig sozial Schwache gibt, bleiben Konflikte aus.
Kulturelle Vielfalt zeigt sich aber zum Beispiel bei Schulfesten, wenn Kinder unterschiedlicher Abstammung die Tänze und Lieder aufführen, die sie von den zugewanderten Eltern lernten.
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#14 
gadacz патриот11.09.10 08:27
gadacz
NEW 11.09.10 08:27 
в ответ WebStorie 02.09.10 19:39
Nun scheidet er zum Monatsende aus der Bundesbank aus, da kann er richtig loslegen!
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#15 
gadacz патриот26.09.10 21:18
gadacz
NEW 26.09.10 21:18 
в ответ WebStorie 08.09.10 15:50
In Antwort auf:
Ich glaube nicht, dass sie so schnell verebbt
Ich habe den Eindruck, dass es eigentlich inzwischen weniger um das umstrittene Buch, als um seinen Verbleib in Ämtern und Würden geht.
Alles in allem eine fantastische PR-Kampagne. Paar laute Sprüche und schon ist das Buch in aller Munde und der Umsatz boomt.
Gleichzeitig eine spektakulärer Abschied aus öffentlichen Ämtern. Nun kann er sich ganz dem Hobby widmen und Absatz ist garantiert.
Wollen wir wetten, dass er noch mehr brisante Themen auf Lager hat?
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#16 
WebStorie постоялец26.09.10 21:22
WebStorie
NEW 26.09.10 21:22 
в ответ gadacz 26.09.10 21:18
Zitat: Wollen wir wetten, dass er noch mehr brisante Themen auf Lager hat?
Hoffentlich!
Um was es IHM selbst geht, ist mir so ziemlich wurscht. Hauptsache, es dürfen nun Dinge ausgesprochen werden, die einst nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert wurden ...
#17 
gadacz патриот26.09.10 21:42
gadacz
NEW 26.09.10 21:42 
в ответ WebStorie 26.09.10 21:22
Nein, eigentlich darf man so etwas nicht aussprechen, ja nicht einmal denken.
Überall auf der Welt geht das, aber Deutsche haben gefälligst die Klappe zu halten, sonst werden sie gleich als Neonazis und Rassisten eingestuft. Bald fällt dann das Wort Holocaust, Auschwitz und einigen brüllen vorsichtshalber "Geil Gitler", weil sie meinen, das gehört ohnehin zu den Deutschen.
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#18 
Citos посетитель09.10.10 22:47
Citos
NEW 09.10.10 22:47 
в ответ WebStorie 26.09.10 21:22
Ein Kommentar:
Meine erste Rezension hier hatte ich aufgrund von Vorabdrucken in diversen Zeitschriften verfasst und zunächst nur 4 Sterne vergeben. Nachdem ich einige Zeit auf die Lieferung hatte warten müssen, habe ich das Buch jetzt durch. Mir kam zugute, dass ich ein paar Tage Urlaub hatte, denn ich habe, obwohl eigentlich ein Schnell-Leser, drei Tage gebraucht, bis ich auf Seite 410 angelangt war, der letzten Seite vor den - umfangreichen - Anmerkungen, dem Register und dem Tabellenteil (ein alphabetisches Literaturverzeichnis fehlt leider). Soviel Zeit braucht man, um die Arbeit sorgfältig zu lesen und zu würdigen. Das haben meiner Überzeugung nach bisher die wenigsten derer getan, die dazu - in diesem Forum oder anderswo - Stellung genommen haben.
Das Buch verdient 5 Sterne.
Ich habe die Gewohnheit, wichtige Stellen in Sachbüchern anzustreichen. Bei diesem Werk hätte ich irgendwann damit aufhören sollen. Es gibt nämlich kaum einen Satz darin, der nicht anstreichenswert wäre.
Drei davon - eines allerdings selbst ein Zitat - will ich herausgreifen:
"Manche Dinge lassen sich eben nur beurteilen, indem man sich über konkrete Fakten und Zusammenhänge beugt; allgemeines Gerede führt da nicht weiter" (S. 372).
"Da politische Macht in einer Demokratie durch Wahlen errungen wird, für deren Erfolg sich das Versprechen einer sorglosen Zukunft als geeignetes Mittel erwiesen hat, ist die Verdrängung der demografischen Probleme zu einer heimlichen überparteilichen Staatsräson unseres demokratischen Wohlfahrtsstaates geworden" (Zitat nach Birg, S. 373),
"Hebel und Ansatzpunkte dafür [für Veränderungen] gibt es, man muss sie allerdings auch bedienen wollen. Dafür sehe ich in Deutschland gegenwärtig leider weder gesellschaftliche noch politische Mehrheiten" (S. 373).
Und in der Tat, zumindest die Mehrheit der politischen Klasse und der meinungsbildenden Presse in Deutschland beugt sich weder über konkrete Fakten und Zusammenhänge und wahrscheinlich auch nicht über Sarrazins Buch. Ich bezweifle sehr stark, dass ein Herr Gabriel oder eine Frau Merkel es gelesen haben, geschweige denn alle 40 Mitglieder des SPD-Vorstandes, die für seinen Ausschluss aus der Partei gestimmt haben. Sie ergehen sich lieber in allgemeinem Gerede. Denn allgemeines Gerede ist es, was die politische Klasse in Deutschland auszeichnet. Die Lektüre eines anspruchsvollen Werkes wie dieses, die, wie gesagt, ca. 3 Tage in Anspruch nimmt, würde ja ihrem für solches Gerede verplanten Zeitbudget abgehen.
Sarrazins Werk ist sorgfältig begründet, es handelt die bestehenden Probleme differenziert ab, lässt Gegenmeinungen zu Wort kommen und ist von offenbarer Sorge um das Schicksal dieses Landes getragen, anders als das Geschrei der Leute, deren einzige Sorge den Werten der nächsten Sonntagsfrage gilt oder die nichts als ihre Vorurteile pflegen wollen, ohne die Fakten zu betrachten:
1. Sarrazin hatte als Bundesbankvorstand Zugang zu dem besten verfügbaren statistischen Material. Er wird sich kaum die Blöße geben, dass seine Zahlenangaben zu den Geburtenraten türkischer Migrantinnen bzw. deutscher Akademikerinnen falsch sind. Genau das wird ihm hier aber unterstellt. Wer das tut, sollte dann bitte mit den richtigen Zahlen und den dazugehörigen Quellen aufwarten. Ich habe in der bisherigen Diskussion keine erwähnenswerte Stimme gehört, die das getan hat.
2. Nicht jeder, der für Autobahnen ist, ist ein Hitlerfan. Und nicht jeder, der auf Missstände hinweist, die Rechtsradikale für ihre Propaganda benutzen, ein Neonazi. Sonst wäre auch Heiner Geißler ein Neonazi, denn den von ihm unterstützten Antiglobalisierungskampagnen der Attac stimmt auch die NPD zu. Die NPD ist eine undemokratische Partei; Sarrazin wendet sich aber gerade dagegen, dass mit Migranten aus türkischen und arabischen Ländern demokratie- und menschenrechtsfeindliche Strömungen nach Deutschland eindringen. Gegen einen türkischen Migranten, der die deutschen Gesetze achtet, die deutsche Sprache lernt und sich und seine Familie selbst ernährt, hat Sarrazin rein gar nichts, aber durchaus etwas gegen einen deutschen Nichtsnutz, Tagedieb oder rechtsradikalen Schläger. Wer ihm eine Nähe zu Neonazis vorwirft, macht sich lächerlich. Das gleiche gilt für Leute, die ihm unterstellen, er wolle Sterilisierung oder Zwangsarbeit einführen - alles schon in diesem Forum gelesen.
3. Im Gegensatz zu dem, was immer wieder behauptet wird, beschuldigt Sarrazin weder Hartz-IV-Empfänger noch Migranten pauschal, noch greift er sie an. Im Gegenteil, er stellt fest, dass sie sich, wie jeder Unternehmer oder Arbeitnehmer, überhaupt jeder wirtschaftende Mensch, nach den Grundsätzen der Ökonomie verhalten, indem sie das Verhältnis zwischen Input und Output optimieren. Wer etwas umsonst kriegen kann, wäre dumm, etwas dafür zu bezahlen, und wer in Deutschland ohne Arbeit mehr verdient als in seinem Heimatland mit harter Arbeit, wäre schlecht beraten, nicht hierher zu kommen, wenn er es könnte. Sarrazin skizziert lediglich die Entwicklungen, die sich aus den in Deutschland vorhandenen Leistungs- bzw. Nichtleistungsanreizen ergeben und stellt die Frage, ob wir diese wollen, und ob wir sie bezahlen können. Die Frage, ob Sarrazin die Entwicklungslinien zutreffend beschreibt, kann man völlig unemotional diskutieren - seine Ausgangswerte und Schlussfolgerungen sind entweder falsch oder richtig. Die Frage, ob wir das wollen, was am Ende solcher Entwicklungen steht, muss jeder für sich als Bürger entscheiden und dann in politische Entscheidungen umsetzen, und sei es nur in der Wahlkabine. Der eine ist eben dieser Meinung, der andere jener. Die moralische Keule, die Sarrazins Gegner schwingen, ist somit völlig fehl am Platze.
4. Ein Rassist ist nicht, wer feststellt, dass Japaner anders aussehen als Äthiopier und Eskimos anders als Niederbayern, und dass die Unterschiede auf Vererbung beruhen. Rassist wäre auch nicht einmal, wer feststellen würde, dass, beispielsweise, die Eskimos im Durchschnitt intelligenter wären als die Niederbayern. Denn diese Feststellung beinhaltet keinerlei Feststellung über die Intelligenz eines einzelnen Niederbayern oder Eskimos. Rassismus beginnt dort, wo nicht mehr auf das Individuum und sein Tun und Können geschaut wird, sondern wo jemand gerade wegen seiner Gruppenzugehörigkeit bevorzugt oder benachteiligt wird.
5. Dass wirtschaftlich und sozial erfolgreiche Menschen im großen und ganzen intellektuell leistungsfähiger sind als lebenslange Transferempfänger, wird niemand ernsthaft leugnen können. Ebenfalls nicht, dass die intellektuelle Leistungsfähigkeit jedenfalls zum Teil erblich ist - ob zu 30 oder, wie Sarrazin vermutet, zu 50 bis 80 %, sei einmal dahingestellt. Egal, wie hoch der Prozentsatz ist - wenn er größer als 0 ist, bleibt die Tatsache unbestreitbar, dass ein Volk im Durchschnitt weniger intelligent wird, wenn die Intelligenteren weniger Kinder kriegen als die weniger Intelligenten.
6. Wenn das wiederum so ist, bleibt die Frage erlaubt, ob wir das wollen, und wenn wir es nicht wollen, wie wir es ändern können. Wenn wir es nicht wollen, ist es - und nichts anderes sagt Sarrazin - nicht sinnvoll, ein Anreizsystem zu haben, in welchem eine Transferempfängerin ohne Schulabschluss und ohne Beruf davon finanziell profitiert, Kinder in die Welt zu setzen, während eine Frau mit Berufsabschluss und Arbeitsplatz erhebliche finanzielle und sonstige Nachteile in Kauf nehmen muss.
7. Man wird, mit Sarrazin, die Frage aufwerfen dürfen, wieso andere Migrantengruppen sich im Vergleich zu türkisch-arabischen weitaus besser integrieren, ihre Kinder besser ausbilden und nicht überdurchschnittlich von Sozialtransfers leben. Und die weitere Frage, wieso diese Gruppe - wohlgemerkt, im Durchschnitt, keineswegs alle Individuen - sich in Amerika ohne weiteres integriert, in Deutschland und Europa aber einerseits die Vorzüge des Sozialstaates genießt, andererseits zu diesem nichts beiträgt. Wer auf diese Fragen eine plausible Antwort hat, dem höre ich gerne zu. Wer hier nur mit Schimpfworten und Worthülsen um sich wirft, trägt nicht zur Diskussion bei und hilft vor allem auch nicht denen, die er glaubt, vor Sarrazin in Schutz nehmen zu müssen.
Sarrazin ist selbstkritisch genug, um am Schluss seines Buches zu sagen: "Ich habe versucht, Zuspruch und Widerspruch produktiv umzusetzen [...]. Es schadet nicht, die eigene gefestigte Meinung immer wieder in Frage zu stellen, denn in der Weite der sozialen Wirklichkeit gibt es nur wenige endgültige und abschließende Antworten". Diese Einstellung würde man den Schreihälsen wünschen, die, statt sich mit Sarrazins Argumenten auseinanderzusetzen, lediglich darüber nachdenken, wie man ihn am besten loswird: durch Rausschmiss aus seiner beruflichen Stellung, aus seiner Partei oder am besten gleich aus dem Land - wie einst die DDR-Oberen bei Rudolf Bahro, nachdem er angemahnt hatte, man solle doch einmal Ventile an die Heizkörper machen, das würde gegenüber dem Lüften der überheizten Räume Energiekosten sparen.
Dieses Buch ist eines der anspruchsvollsten, bedenkenswertesten und zugleich erschütterndsten, die ich seit langer Zeit gelesen habe. Jeder, der bereit ist, "die eigene gefestigte Meinung in Frage zu stellen", wird es mit Gewinn lesen, und zwar selbst dann, wenn er nicht alle Wertungen und Schlüsse des Autors teilt. Darüberhinaus ist es diesem Buch gelungen, was selten gelingt: mit einem Buch eine Diskussion über ein wichtiges Thema anzustoßen, das von der Politik sträflich vernachlässigt worden ist.
Damit hat sich Sarrazin mit seinem Buch nicht nur um Deutschland, sondern auch um das Buch überhaupt verdient gemacht. Es ist eine Streitschrift, aber wer mit Büchern streitet, tut es friedlich. Mit Fakten und Argumenten. Nicht mit Maulkörben, Berufsverboten, Parteiausschlussverfahren. Nicht mit Fäusten, Messern und Pflastersteinen, mit Kalaschnikows oder Selbstmordattentaten. Wenn ich einen Kandidaten für den nächsten Friedenspreis des deutschen Buchhandels zu benennen hätte, dann wäre es Thilo Sarrazin.
Das ist aber wohl noch unwahrscheinlicher, als dass sich die Politiker ernsthaft des Themas annehmen...
#19 
gadacz патриот10.10.10 01:06
gadacz
NEW 10.10.10 01:06 
в ответ Citos 09.10.10 22:47
Herzlichen Dank! das ist nun mal ein Beitrag, der den Eindruck erweckt, dass man sich durchaus ernsthaft damit auseinandersetzen sollte.
Die Presseparolen und Politikerschelte ist wirklich zu einseitig und selbstherrlich.
Einer liest ein paar Absätze und beginnt die Kritik und die Anderen hauen in die gleiche Kerbe, vermutlich ohne jemals über eine Druckfahne hinausgekommen zu sein.
Die breite Masse plärrt dann diese Parolen nach und setzt jeweils noch eins drauf.
Ob ich mich nun auch der Auffassung anschließen kann, will ich offen lassen. Erst wenn ich selbst das Werk intensiv durchgelesen habe, bilde ich mir meine Meinung.
Immerhin halte ich es nach dieser Rezension für lesenswert und wichtig.
Natürlich, ein hochrangiger Politiker und wichtige Persönlichkeit in der deutschen Finanzwelt kann wohl kaum ein ausgemachter Dummkopf und Querulant sein.
Sein Tonfall, der mitunter etwas geradlinig, ja manchmal drastisch ist, ist schon lange bekannt und er hat sich auch selten darum gekümmert, ob er damit Freunde gewinnt.
Auch Herbert Wehner, ein Urgestein der deutschen Politik, war fast immer unbequem. Allerdings hatte er eine längere Karriere (auch als Nörgler) hinter sich, konnte zwar oft beschimpft, aber nie ausgeschlossen werden.
Selbst wenn Sarrazin in einigen oder auch vielen Punkten daneben liegen sollte (Konjunktiv!), zeigt doch die Reaktion darauf eine enorme Schwäche und Unsicherheit der lieben 'Kollegen'. Wenn sich deutsche Politik auf so niedrigem Niveau bewegt, dass Kritiker und ggf. auch Querulanten mit Parteiausschluss 'geadelt' werden, zeigt es mehr vom schwachen Niveau unserer bundesdeutschen Politik, als akzeptabel wäre.
So gesehen: Wer sollte da wen ausschließen?
Nun ja, die Anderen nennen es vielleicht 'Diplomatie' wenn man sich permanent mit Lügen und Selbstbetrug durchwurschtelt. Schade nur, dass sich die breite Wählermasse immer wieder und nur zu gerne betrügen lässt. Schade, dass eine angeblich 'demokratische' Partei keine abweichenden Meinungen verträgt.
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#20 
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