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Die anwaltliche Schweigepflicht hat man zwischenze

24.03.06 14:54
Die anwaltliche Schweigepflicht hat man zwischenze
 
wowa4ka свой человек
это еще один повод для размышления....
Wehe, der Rechtsanwalt weiß, daß das Finanzamt von seinem Mandanten eigentlich Euro 84.396,00 an Steuern kriegen müßte wegen im Ausland verdienter Guthabenzinsen oder Mieteinnahmen in den letzten Jahren. Dies ist nämlich nach neuer Rechtslage so etwas ähnliches wie Terrorismus, auf jeden Fall ist das "Geldwäsche". Bei einem derart "spektakulärem Verbrechen", offenbar viel schlimmer als heimtückischer Mord und sexuelle Mißhandlung von Kleinkindern, mußte das Schweigerecht des Anwaltes in Deutschland weichen und abgeändert werden in eine Pflicht zur Anzeige des eigenen Mandanten. Damit noch ein klein wenig an die historische Schweigepflicht erinnert, darf der Anwalt von dieser Anzeige seinem Mandanten (!) allerdings nichts verraten - eine rührende Reminiszenz!
Wir machen da nicht mit, wir arbeiten weiter diskret - von der Karibik aus, wo die freiheitsbeschränkenden deutschen Gesetze nicht gelten.
Es handelte sich um einen der ältesten Berufe der Menschheitsgeschichte, der Beruf - für viele die
Berufung - des Rechtsanwalts.
Zugegeben: vergleichbar alte Berufe sind nicht nur der Priester und der Arzt (Medizinmann), auch die Prostituierte gehört dazu. Ist es ein Zufall, daß alle diese klassischen Berufe, die nicht zuletzt den jeweiligen kulturellen Entwicklungsstand von menschlichen Gemeinwesen/Staaten einer bestimmten Periode - in den unterschiedlichsten Regionen unserer Erde - widerspiegeln, alle etwas mit Diskretion zu tun haben? Sicher nicht. Wem immer ein Mensch sich anvertraut - ob intim, mit seinen Krankheiten, seelischen Qualen oder Problemen in Bezug auf die Gemeinschaft der Mitmenschen - , stets tut er dies mit der notwendigen Intensität nur dann, wenn er darauf vertrauen darf, daß Vertraulichkeit gewahrt bleibt.
Die Schweigepflicht des Anwalts war mithin nicht nur im Gesetz richtig fest festgeschrieben, sie ist quasi ein Naturgesetz. Sie ist damit auch Bedingung der anwaltlichen Tätigkeit insgesamt. Wer die Schweigepflicht - zumindest das Recht zum Schweigen - des Rechtsanwalts angreift, stellt damit den gesamten Berufsstand in seinen Grundfesten in Frage. Die Verpflichtung zum Schweigen des Rechtsanwaltes schien folglich nicht nur unantastbar zu sein. Den Menschen aller sozialen Schichtungen in eigentlich sämtlichen Ländern unseres Planeten ist es auch völlig selbstverständlich, sie sind es gewohnt, daß der Rechtsanwalt, der beispielsweise als Verteidiger von seinem Mandanten weiß, daß dieser "heimtückisch einen Mord begangen" oder "in ekelerregender Weise sich an einem Kind sexuell vergangen" hat, dieses positive Wissen zwingend für sich behalten muß; allenfalls darf der Anwalt das Mandat niederlegen, aber "schweigend". Dies ist die selbstverständliche Rolle des Rechtsanwalts. Jeder Mensch muß wissen: "Egal was ich sage, mein Anwalt schweigt." Dies gilt nicht nur im Strafrecht, dies gilt im modernen Staat der Industriegesellschaft (um den Heidelberger Staatsrechtler Ernst Forsthoff zu bemühen) natürlich auch bei Auseinandersetzungen mit einer Verwaltung und ebenso im Zivilrecht. Der zivilrechtlich tätige Anwalt muß nicht offenbaren, daß sein Mandant den Verkehrsunfall selbst verschuldet hatte; sein Mandant, der Bauunternehmer, in Wirklichkeit keinen Anspruch auf weitere Euro 137.582,70 incl. Umsatzsteuer und Verzugszinsen hat, weil er "Pfusch am Bau" abgeliefert hatte; oder umgekehrt: beim Streit um die identische Summe agiert der Anwalt, diesmal als Vertreter des Bauherrn, zivilprozessual mit den "Beweislastregeln", führt eine niedrige Festpreisvereinbarung als Behauptung ein, und der Bauunternehmer scheitert mit seinem gerechten Anspruch auf "übliche Vergütung", die eigentlich selbstverständlich erscheint, weil ihn plötzlich die im konkreten Fall nicht führbare Beweislast trifft. Der Anwalt darf sich ob seines Geschicks in diesen Fällen freuen wie seinerzeit der FV Weinheim, als er den FC Bayern München aus dem DFB-Pokal warf. Statt der "Antigone" hätte Jean Anouilh den Advokaten bemühen können, um seine Idee des "Rollenspiels" verständlich zu machen. Wir dürfen es nicht vergessen: der Anwalt ist nicht unparteiisch, er ist nicht der Richter, er ist parteiisch, er wird von nur einer Seite bezahlt für seine Parteilichkeit. So funktioniert unser Rechtssystem, so balanciert es sich aus. Alle wissen es. Keiner, außer dem Betroffenen, stört sich daran, daß der Anwalt für seinen Mandanten Euro 137.582,70 "herausgeholt" hat, die dieser eigentlich gar nicht verdient hatte. Eher erhöht sich das Renommé "des geschickten Advokaten" dadurch.
Die anwaltliche Schweigepflicht hat man zwischenzeitlich in Deutschland zu Grabe getragen - jedenfalls in weiten Teilen.
Alles übertrieben? Das kann nicht wahr sein? Nur ein Alptraum?
Nein, das ist leider traurige Realität. Aber alles hübsch der Reihe nach:
Wir haben es mit der berühmten "Salamitaktik" zu tun. Scheibchenweise wird das Recht in seinen Grundfesten geändert. Auslöser der Rechtsänderungen sind nicht die Vorfälle vom 11. September 2001 in den USA, diese werden lediglich dankbar als "Argumentationskrücke" ins Feld geführt. Sämtliche hier dargestellten Rechtsänderungen gehen auf Initiativen weit vor dem 11. September 2001 zurück. In Abwandlung der angelsächsischen Rechtsweisheit müßte man formulieren: "Hard cases support bad law."
Unauffällig wurde in Deutschland kurz vor Weihnachten 2001 das "Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz" - StVBG - verabschiedet. In dessen Art. 2 Nr. 3 ist eine neue Bestimmung der "Abgabenordnung" - AO - enthalten, nämlich ╖ 370a AO. Dieser neuen Bestimmung können wir - uns im Sachzusammenhang dieser Ausführungen interessierend - folgendes entnehmen: "Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer gewerbsmäßig...in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt."
Der Zusatz "in großem Ausmaß" ist sogar erst eine nachträgliche Abänderung des Gesetzes aufgrund erheblichen Protestes aus den Reihen der Rechtswissenschaftler. Die Abänderung beruht auf dem "Fünften Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen". Die Grenze wird jetzt also so um die Euro 350.000,00 liegen, ab Euro 500.000,00 ist auf jeden Fall von einem "großen Ausmaß" auszugehen. Der SPD-Vizefraktionsvorsitzende Joachim Poß äußerte im Septyember 2004, daß im Gesetzgebungsverfahren 2001 sehr wohl deutlich geworden sei, wann das "große Ausmaß" der Steuerhinterziehung beginne: oberhalb von 100 000 D-Mark. Wir haben es also demnach mit der in diesem Zusammenhang als lächerlich zu bezeichnenden Summe zu tun von nur Euro 50.000,00 und Finanzbeamte sind bekanntlich beim Addieren von Summen recht leger und einfallsreich..
Was dem Juristen sofort auffällt, ist die Mindeststrafe von einem Jahr. Damit haben wir es nicht, wie bei Steuerdelikten in vielen Ländern üblich, mit einer "Ordnungswidrigkeit" zu tun. Wir haben es nicht einmal mehr mit einem "Vergehen" zu tun wie es der Fall ist beim "Diebstahl" (╖242 StGB), dem "Besonders schweren Fall von Diebstahl" (╖243 StGB), der "Unterschlagung" (╖246 StGB), der "Erpressung" (╖253 StGB), dem "Betrug" (╖263 StGB), der "Untreue" (╖266 StGB) und dergleichen mehr. Wir haben es mit nicht weniger zu tun als mit einem "Verbrechen". Gem. ╖ 12 Abs. 1 StGB definieren sich Verbrechen als rechtswidrige Taten, die im "Mindestmaß" mit einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind. Bei Verbrechen ist der Versuch automatisch strafbar, der Gesetzgeber muß also nicht extra wie bei "Vergehen" ins Gesetz schreiben: "Der Versuch ist strafbar." Natürlich auch symbolisiert der Begriff der "Verbrechens" einen ganz anderen Unrechtsgehalt als der des "Vergehens". Die derzeitige geistige Haltung des Gesetzgebers wird somit frühzeitig an dieser Stelle klar.
Viele Bürger, die im Ausland ein renditebringendes Konto / Depot haben, die vielleicht auf der Durchreise nach Italien vor dreißig Jahren mal schnell etwas für eine zusätzliche Altersversorgung getan hatten und diskret zusätzlich und sogar aus versteuerten Geldern heraus sich eine Lebensversicherung in der Schweiz aufbauten, müssen sich jetzt Gedanken darüber machen, ob Steuerfahnder, Staatsanwälte und vor allem Gerichte ihr Verhalten nicht nur als steuerverkürzendes "Kavaliersdelikt", sondern als "gewerbsmäßig" und damit verbrechensbegründend einstufen. Wahrscheinlich ja, denn gewerbsmäßig handelt, wer die Absicht hat, sich durch wiederholtes Begehen der Tat eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen.
Wenn "Otto Normalverbraucher", zumindest jedenfalls etliche "Ottos", dergestalt zu "Verbrechern" erklärt werden, muß schon an dieser Stelle die Frage erlaubt sein, ob nicht in Verkennung jeglicher Verhältnismäßigkeit der Staat begonnen hat, "mit Kanonen auf Spatzen zu donnern".
Jedes Unternehmen, das das internationale steuerliche Gefälle ausnutzt und mit Auslandsgesellschaften arbeitet, um dem Konkurrenzdruck aus anderen Ländern standhalten zu können - damit Arbeitsplätze sichert - muß nicht nur damit rechnen, daß eine Rechtskonstruktion vom Finanzamt nicht anerkannt wird, sondern daß während der streitigen Verhandlungen etwa über "Anerkennungsfähigkeit" noch Druck seitens der Finanzbehörden ausgeübt wird, "man könne schließlich noch ganz anders, man könne ja mal die Staatsanwaltschaft wegen ╖ 370a AO befragen".
Der international tätige deutsche Rechtsanwalt oder Steuerberater, der konsultiert wird wegen Ausnutzung der sich vom Ausland aus ergebenden Chancen, in Deutschland Steuern zu sparen, wird ohnehin nie von den örtlichen Finanzamtsbediensteten gern gesehen, er ist ihr "geborener Feind". "Gewerbsmäßigkeit" seines Handelns ist schon wegen der Gebühren, die er berechnet, gegeben; den Steuervorteil hat "der andere", was nach ╖ 370a AO ausreicht. Auf das berühmte "Glatteis" gerät man selbst als Fachmann von Zeit zu Zeit auch bei legal konzipierten Steuersparkonstruktionen. Ist man deshalb ein potentieller Verbrecher?
Unserer Auffassung hat sich zwischenzeitlich selbst der BGH angeschlossen. Die BGH-Richter bemängeln, daß die Definitionen der Vorschrift, nach der Steuern "in großem Ausmaß" und "über einen längeren Zeitraum" hinterzogen worden sein müssen, zu unbestimmt seien, um mit ihnen steuerunehrliche Bürger als Verbrecher zu verfolgen. Das Bundesfinanzministerium will den Paragrafen jetzt "einer kritischen Prüfung unterziehen", so ein Sprecher. Wer das glaubt, wird selig. Finanzbeamte und die Bundestags-SPD als Initiator der Vorschrift bleiben nämlich äußerst gelassen: "Das Urteil erschreckt niemanden", sagt Dieter Ondracek, Bundesvorstand der Steuergewerkschaft. Er begründet dies damit, dass der BGH in dem Urteil (Az 5 StR 85/04) lediglich seine Meinung äußert, den Fall jedoch aus anderen Gründen ans Landgericht Wuppertal zurückverwiesen hat. Das erschreckt nun wiederum uns. Da kommt eine klare Aussage von Deutschlands höchstem ordentlichen Gericht, und nur weil diese Aussage keine unmittelbare Wirkung im konkreten Einzelfall entfalten kann, glaubt man, den Rechtsstaat weiter mit Füßen treten zu können. Es werde Jahre dauern, bis der BGH einen neuen Fall dem Bundesverfassungsgericht zuleiten werde, äußert Ondracek auch noch zynisch.
Allzu schnell kann man Opfer der Neufassung von ╖ 370a AO werden.
Was aber folgt nun daraus weiter?
Der Gesetzgeber hat mit der Einführung von ╖370a AO nicht halbe Sachen gemacht. Das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz schlägt sich auch im "Strafgesetzbuch" - StGB - nieder mit seinen Abänderungen. Schauen wir uns ╖ 261 StGB an.
Gemäß ╖ 261 StGB begeht "Geldwäsche", wer mit den "Früchten" eines "Verbrechens" zu tun hat, wie es Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes formuliert (z.B. verbergen, Herkunft verschleiern, Ermittlungen gefährden). Wohl um ganz sicher zu sein, "Otto Normalverbraucher" auch wirklich zu treffen, formuliert dann Satz 3 von ╖261 Absatz 1 StGB ganz unmißverständlich:..."im Falle des ╖ 370a der Abgabenordnung gilt Satz 1 auch für unrechtmäßig erlangte Steuervergütungen sowie Vermögensbestandteile, hinsichtlich derer Abgaben hinterzogen worden sind."
Wir ziehen ein Zwischenfazit:
Wer gegen ╖370a AO verstößt, ist nicht nur ein Verbrecher, er ist auch ein Geldwäscher.
Auf ihn treffen somit die neugeschaffenen und vereinfacht durchzuführenden Abhörmöglichkeiten der staatlichen Obrigkeit zu. Daß diese im Vorfeld, also im Zuge der Ermittlungen, bereits durchgeführt werden, somit logischer Weise zu einem Zeitpunkt, in dem nur der Verdacht besteht (oder von einem übereifrigen Ermittler behauptet wird), "Otto Normalverbraucher" könnte vielleicht im Sinne des Gesetzes "Geldwäscher" sein, sei hier nur am Rande vermerkt als Indiz dafür, wie sehr sich der liberale Rechtsstaat schon verabschiedet hat.
Uns interessiert eine andere Rechtsfolge:
Im November 2001 hatte das Europäische Parlament auf Betreiben eigentlich sämtlicher EU-Mitgliedsstaaten eine Richtlinie beschlossen, die schon sehr lange vor dem 11. September 2001 gefordert worden war und nie etwas mit "Terrorismusbekämpfung" zu tun hatte. Gemäß dieser Richtlinie sollten Rechtsanwälte, Steuerberater, Notare und Wirtschaftsprüfer ihre eignene Mandanten anzeigen müssen bei dem Verdacht, diese könnten etwas mit Geldwäsche zu tun haben. Eine Richtlinie wie diese ist gesondert in innerstaatliches Recht umzusetzen, um Wirksamkeit zu entfalten. Manchmal braucht Deutschland zur Umsetzung von Richtlinien so lange Zeit, daß es vor dem EuGH verklagt wird. Nicht so in diesem Fall.
Schon am 20. Februar 2002 verabschiedete das Bundeskabinett den Entwurf des sog.
"Geldwäschebekämpfungsgesetzes",
das im Juni 2002 mühelos die gesetzlichen Hürden übersprang.
Uns interessiert die mit dem neuen geltenden Recht einhergehende Änderung der ╖╖ 3 und 11 des "Geldwäschegesetzes" - GwG. Rechtsanwälte und Steuerberater sind in vielen Fällen nunmehr gezwungen, ihre eigenen Mandanten heimlich hinterrücks zur Anzeige zu bringen, wenn sie ihren Kanzleisitz in Deutschland beibehalten.
Rechtsanwälte werden nunmehr gem. ╖ 3 GwG einer "allgemeinen Identifizierungspflicht" unterworfen, wenn sie für ihre Mandanten an der Planung oder Durchführung von Geschäften mitwirken wie:
Kauf und Verkauf von Immobilien und Gewerbebetrieben,
Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten ihres Mandanten,
Eröffnung oder Verwaltung von Bank-,Spar- oder Wertpapierkonten,
Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel,
Gründung, Betrieb oder Verwaltung von Treuhandgesellschaften, Gesellschaften oder ähnlichen Strukturen,
oder wenn sie im Namen und auf Rechnung ihrer Mandanten Finanz- oder Immobilientransaktionen durchführen.
Für diese "eingrenzende Aufzählung" sollen die Rechtsanwälte auch noch dankbar sein. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer usw. unterliegen gem. ╖3 GwG grundsätzlich und immer dieser "allgemeinen Identifizierungspflicht", egal was sie für den Mandanten tun. Diese Identifizierungspflicht an sich ist natürlich nicht das Problem. Wer arbeitet schließlich zeitaufwendig für einen Mandanten ohne zu wissen, wem er die Rechnung zu übersenden hat?
An die in ╖3 Absatz 1 GwG genannten Personen und Fallkonstruktionen knüpft ╖11 GwG an und formuliert eine
Pflicht zur Anzeige.
Egal, um welche Summen es sich handelt - also selbst bei Bagatellbeträgen - hat der Rechtsanwalt, wie oben beschrieben, unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn er Tatsachen feststellt, die lediglich darauf schließen lassen, daß eine Finanztransaktion einer Geldwäsche nach ╖ 261 StGB dient oder im Falle der Durchführung dienen würde. Der Rechtsanwalt kommt in den Genuß des zweifelhaften Privilegs, seine Anzeige an die Bundesrechtsanwaltskammer senden zu müssen, die dann ihrerseits verpflichtet ist, die Anzeige - mit oder ohne eigenen Kommentar - an die üblichen zuständigen Stellen weiterzuleiten. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer usw. haben ihre Anzeige unmittelbar und unverzüglich der zuständigen Strafverfolgungsbehörde und in Kopie dem Bundeskriminalamt - Zentralstelle für Verdachtsanzeigen - zuzuleiten.
╖11 Abs. 3 Satz 1 GwG scheint nun auf den ersten Blick dem Rechtsanwalt - ganz exklusiv - doch noch einen "Notausgang" zu öffnen. Darin ist formuliert, daß der Rechtsanwalt dann nicht zur Anzeige verpflichtet ist, wenn dem Geldwäscheverdacht Informationen von dem oder über den Mandanten zugrundeliegen, die er im Rahmen der Rechtsberatung oder der Prozeßvertretung dieses Mandanten (demnach nicht nur bei der Strafverteidigung), erhalten hat.
Die ganze Aufregung also übertrieben? Dem Gesetzgeber war auch diesmal das Schweigerecht heilig? Wurde die europäische Richtlinie zugunsten der überkommenen Rechte der Rechtsanwälte vom deutschen Rechtsstaat gekonnt "ausgetrickst"?
Leider nein, ╖11 Absatz 3 hat auch noch einen zweiten Satz:
"Die Anzeigepflicht bleibt bestehen, wenn die in Satz 1 genannten Personen wissen, daß der Mandant ihre Rechtsberatung bewußt für den Zweck der Geldwäsche in Anspruch nimmt."
Welcher Mandant kommt uneigennützig zum Anwalt? Glaubt der Gesetzgeber, "Otto Normalverbraucher" mit seiner in Spanien seit Jahren vermieteten Finca würde den Anwalt nach Aufklärung über die Rechtslage nicht fragen, ob man um die Steuerzahlung vielleicht irgendwie trotzdem herumkommen könne? Im günstigsten Fall wird er nachdenklich-deprimiert die Kanzlei verlassen. Und sicherlich wird er nicht sofort von den Kanzleiräumen aus das Finanzamt kontaktieren, diese Annahme wäre lebensfremd.
Während also der Mandant erst einmal nachdenkt, fertigt sein Rechtsanwalt wegen der geforderten "Unverzüglichkeit" sofort und heimlich hinter dem Rücken seines Mandanten seine Verdachtsanzeige. Das aus der Beratung heraus gewonnene Wissen könnte "Otto" ja ausnutzen - dieser elende Geldwäscher!
Dem Kollegen Rainer Spatscheck ist absolut zuzustimmen (Beitrag vom 09.10.2001, "Bedrohung für Rechts- und Steuerberater" in der "Financial Times Deutschland"), wenn er feststellt, daß künftig in Deutschland Steuerhinterzieher isolierter dastünden als "Schwerstkriminelle".
Ist Advokatur unter diesen Voraussetzungen in Deutschland noch praktizierbar?
Vorab: natürlich brauchen die Menschen in Deutschland ihre Rechtsanwälte. Der reine Strafverteidiger - mit seinen im Laufe der Jahre zusammengeschmolzenen strafprozessualen Verteidigungsmöglichkeiten - ist insoweit kaum betroffen. Verkehrsunfälle haben auch auf der Grundlage des neuen Rechts kaum etwas mit "Geldwäsche" zu tun und können weiter wie bisher reguliert werden. Der Streit um Nachbars Pflaumenbaum nahe der Grundstücksgrenze kann ungestört weitergeführt werden. Aber schon beim Ehescheidungsverfahren kann es kritisch werden, wenn es um Vermögensauseinandersetzung geht.
Kommen wir in den Bereich der Unternehmensgestaltungsberatung oder gar der Anwaltstätigkeit bei internationalen Geschäftsbeziehungen, wird es ganz schnell ganz kritisch. Daß der Anwalt selbst Gefahr läuft, zum Täter oder Mittäter hochstilisiert zu werden, muß den Mandanten vordergründig weniger interessieren.
Was den Mandanten unmittelbar und tief beim Aufbau eines bedingungslosen Vertrauensverhältnisses zu seinem Rechtsanwalt treffen muß ist die Angst davor, von seinem eigenen Rechtsbeistand an den "Galgen" geliefert zu werden - nach dem alten Finanzamtsmotto:"Höflich bis zur letzten Sprosse, aber gehängt wird doch!"
Die Schlußfolgerung ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen, daß zumindest deutsche Rechtsanwälte, die sich als "stärker gefährdet" einschätzen müssen, ihre Arbeit oder Teile derselben künftig in ein Land außerhalb der Europäischen Union verlagern, wo ihr "Schweigerecht ohne wenn und aber" gesetzlich unangetastet bleibt. Geschieht die komplette Tätigkeit für den Mandanten vom Ausland aus, ohne in diesem Land gegen Recht und Gesetz zu verstoßen, bleibt das deutsche Gesetzeswerk ohne Folgen, und das Vertrauensverhältnis Rechtsanwalt - Mandant ist gerettet. Der Mandant muß sich nur von der Vorstellung trennen, seinen Anwalt in der Nähe an dessen Schreibtisch aufsuchen zu können. - Und ist eine verschlüsselte E-Mail nicht überdies vertrauenerweckender als ein von dubiosen Fahndern "verwanztes" Anwaltszimmer?
Der mißtrauisch gewordenen deutsche Mandant wird bei dieser Konstruktion auch nicht gezwungen, künftig ausschließlich ausländische Anwälte zu konsultieren. Diese wissen nämlich im Zweifel vom deutschen Recht, insbesondere vom deutschen Steuerrecht, zu wenig, um wirksam helfen zu können.
Die Folge der Gesetzesänderung wird sein, daß immer mehr deutsche "Wirtschaftsjuristen" ins Exil gehen oder andersartige "Exillösungen" sich schaffen. Hier sind die sich beständig verbessernden Möglichkeiten im Internet vielleicht die richtige Antwort der sich wehrenden Advokatur.
Das anwaltliche Schweigerecht wird "Heimatvertriebener".
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A N H A N G :
die oben besprochenen Gesetzestexte,
das GwG in der Fassung der jüngsten Änderungen:
Abgabenordnung -AO -
(in der jüngsten Fassung unter Berücksichtigung des "Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes" - StVBG - vom 19.12.2001)
╖ 370a AO
Gewerbsmäßige oder bandenmäßige Steuerhinterziehung
Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
(eingefügt durch Art. 2 Nr.3 StVBG vom 19.12.2001)
Strafgesetzbuch - StGB -
(in der jüngsten Fassung unter Berücksichtigung des "Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes"- StVBG- vom 19.12.2001)
╖261 StGB
Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte
(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer in Satz 2 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, verbirgt, dessen Herkunft verschhleiert oder die Ermittlungen der Herkunft, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind
1. Verbrechen,
2. Vergehen nach
a)...
b)...
3. Vergehen nach ╖ 373 und, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt, nach ╖ 374 der Abgabenordnung, jeweils auch in Verbindung mit ╖ 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen,
4. ...
5. ...
In den Fällen des Satzes 2 Nr. 3 sowie im Falle des ╖ 370a der Abgabenordnung gilt Satz 1 auch für unrechtmäßig erlangte Steuervergütungen sowie Vermögensbestandteile, hinsichtlich derer Abgaben hinterzogen worden sind.
(2) ...
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) ...
(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, daß der Gegenstand aus einer in Absatz 1 genannten rechtwidrigen Tat herrührt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
...
Geldwäschegesetz - GwG -
(Gesetz i.d.F. des sog. "Geldwäschebekämpfungsgesetzes" der Bundesregierung v. 20.02.2002, neue Textfassung nachstehend schraffiert dargestellt.)
╖3 GwG
Allgemeine Identifierungspflichten für andere Unternehmen und Personen
(1) Den allgemeinen Identifizierungspflichten des ╖ 2 Abs. 1 und 2, auch in Verbindung mit Absatz 3, unterliegen bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit auch:
1.
Rechtsanwälte, Rechtsbeistände, die Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind, Patentanwälte und Notare, wenn sie für ihre Mandanten an der Planung oder Durchführung von folgenden Geschäften mitwirken:
a) Kauf und Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben,
b) Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten ihres Mandanten,
c) Eröffnung oder Verwaltung von Bank-,Spar- oder Wertpapierkonten,
d) Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel,
e) Gründung, Betrieb oder Verwaltung von Treuhandgesellschaften, Gesellschaften oder ähnlichen Strukturen,
oder wenn sie im Namen und auf Rechnung ihrer Mandanten Finanz- oder Immobilientransaktionen durchführen.
2.
Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte.
3.
Immobilienmakler und
4.
Spielbanken gegenüber Kunden, die Spielmarken im Wert von 1.000 Euro oder mehr kaufen oder verkaufen.
Sonstige Gewerbetreibende,..
╖ 11 GwG
Anzeige von Verdachtsfällen
(1) Ein Institut oder ein Unternehmen oder eine Person in den Fällen von ╖3 Abs. 1, auch wenn die Beträge im Sinne des ╖ 6 Satz 1 unterschritten werden, hat bei Feststellung von Tatsachen, die darauf schließen lassen, daß eine Finanztransaktion einer Geldwäsche nach ╖ 261 des Strafgesetzbuches dient oder im Falle ihrer Durchführung dienen würde, diese unverzüglich mündlich, fernmündlich, fernschriftlich oder durch elektronische Datenübermittlung den zuständigen Strafverfolgungsbehörden und in Kopie dem Bundeskriminalamt - Zentralstelle für Verdachtsanzeigen - anzuzeigen. ... Eine angetragenen Finanztransaktion darf frühestens durchgeführt werden, wenn dem Institut, dem Unternehmen oder der Person im Sinne des ╖ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4, Satz 2 und 3 die Zustimmung der Staatsanwaltschaft übermittelt ist oder wenn der zweite Werktag nach dem Abgangstag der Anzeige verstrichen ist, ohne daß die Durchführung der Transaktion strafprozessual untersagt worden ist; fällt der zweite Werkatg auf einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages. Ist ein Aufschub der Finanztransaktion nicht möglich, so darf diese durchgeführt werden; die Anzeige ist unverzüglich nachzuholen.
(2) Eine Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich zu wiederholen, sofern sie nicht bereits fernschriftlich oder durch elektronische Datenübermittlung erfolgt ist.
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind die in ╖ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Personen nicht zur Anzeige verpflichtet, wenn dem Geldwäscheverdacht Informationen von dem oder über den Mandanten zugrunde liegen, die sie im Rahmen der Rechtsberatung oder der Prozeßvertretung dieses Mandanten erhalten haben. Die Anzeigepflicht bleibt bestehen, wenn die in Satz 1 genannten Personen wissen, daß der Mandant ihre Rechtsberatung bewußt für den Zweck der Geldwäsche in Anspruch nimmt.
(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 übermittel die in ╖ 3 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Personen die Anzeige an die für sie zuständige Bundesberufskammer. Die Kammer kann zur Anzeige Stellung nehmen. Sie leitet die Anzeige...
(5) Ein Institut oder eine Spielbank darf den Auftraggeber der Finanztransaktion oder einen anderen als staatliche Stellen nicht von einer Anzeige nach Absatz 1 oder Absatz 2 oder von einem daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren in Kenntnis setzen.
(6) ...
(7) ...
http://www.internetkanzlei.to/content/view/70/110/
"Блаженны алчущие и жаждущие правды - ибо они насытятся"
 

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